Zu Beginn des 25. Prozesstages, am 8. Februar, wurde der Beschluss der 22. Große Strafkammer zum Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin vorgetragen. Wie immer wurde der Befangenheitsantrag zurückgewiesen.
Die Befragung von Klein durch die Anwälte von Sonja und Christian ging weiter: der erste Komplex befasste sich mit detaillierten Fragen, die die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen Kleins im Fokus hatten. Auch die Fragen, wann und was er von Anschlags-Planungen gewusst hatte, standen im Mittelpunkt.
So ging es u. a. um Zeitabläufe und Details zu Kontakten mit Mathias Beltz: Wann hat er ihn getroffen, wo hat er ihn getroffen? In welchem Abstand dazu hat er den Spiegelbrief geschrieben.
Wann hat er mit Beltz und anderen über seinen Ausstieg gesprochen. Hier wurden die beweglichen Erinnerungslücken von Klein wiederholt offenbar: konnte er sich anfangs gar nicht erinnern, Beltz 1976 in Milano getroffen zu haben, kam ihm diese Erinnerung nach Vorhalt durch die Anwälte dann doch.
Spürbar die Gereiztheit von Klein auf die intensive Befragung der Rechtsanwälte. Mehrfach wiesen die Anwälte Äußerungen und Kommentierungen durch den Rechtsbeistand des Kronzeugens zurück. Hierauf verkündete das Gericht einen Beschluss, dass es seitens des Zeugenbeistandes legitim ist, sich begrenzt zu äußern, u.a. um auf vermeintliche Missverständnisse zu reagieren. Die Richterin und auch die Oberstaatsanwältin intervenierten selbst auch häufiger und nahmen „ihren“ Zeugen in Schutz.
Die Verteidigung von Sonja und Christian zielte in ihrer Fragestrategie darauf ab, dass es Klein nicht darum ging, „Schlimmes“ zu verhindern, sondern schlicht seinen Arsch zu retten. Anderenfalls hätte er zu geplanten (oder auch – von Klein behaupteten – angeblich geplanten Aktionen (z.B. Entebbe oder die angeblich geplante Ermordung von Galinski und Lipinski, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Berlin und Frankfurt a.M.) sich geäußert bzw. versucht, diese zu verhindern.
Nach der Pause kam ein interessanter Aspekt zu Tage: Klein hatte schon im November 1974 mit Behörden, als er bei seiner Verhaftung bei der sogenannten Winterreise (Anmerkung: massive Festnahmewelle als Folge auf Anschlag auf den Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann) über andere AktivistInnen Aussagen gemacht hatte, ohne davon seinen damaligen Freunden zu erzählen.
Klein verschanzt sich immer stärker hinter Gedächtnislücken: „da kann ich Ihnen heute nichts mehr sagen, Herr Rechtsanwalt. Ich habe kein Tagebuch geführt.“ Die Stimmung war insgesamt gereizter, die Richterin drohte mal wieder mit Ordnungshaft, wenn das mit dem „Kindergarten“ nicht aufhört und mahnte die Prozessbeteiligten, zu „mitteleuropäischem“ Procedere zurückzukehren – was immer sie für ein rassistisches Klischee von Gerichtsverhandlungen in anderen Kontinenten zu haben scheint.
Zum Ende verlas das Gericht einen Beschluss zur beantragten Protokollierung einiger Aussagen von Klein, die auf seine Widersprüchlichkeiten hindeuten. Wen wunderts? Natürlich wurde der Antrag der Verteidigung von Christian und Sonja abgelehnt: es käme lediglich auf den Inhalt an, da die Gefahr einer unterschiedlichen Deutung nicht vorhanden sei. Fragt sich nur, woran man den Inhalt erkennt, wenn nicht aus den gesagten Worten. Und das ist bei Klein manchmal nicht so einfach, aus einem „Nein“ wird „weiß ich nicht mehr genau“, dann „kann sein“. Aber das scheint das Gericht wenig zu interessieren.