Die Richterin betrat den Raum und begann ohne große Umschweife mit
der Frage an den Hauptbelastungszeugen Klein, ob er mit jmd. direkt
nach der Opec Aktion darüber geredet hätte, dass Frau Suder vor der
Aktion Waffen gebracht hätte. Klein kann sich nicht dran erinnern.
Sein hauptsächlicher Kontakt, so gibt er an, sei Matthias Beltz gewesen.
Gleich danach beginnt Sonjas Anwalt damit, Klein zu befragen. Dabei
hält er ihm immer wieder Zitate aus dessen eigenem Buch vor. Doch die
Antworten von Klein sind meist im Spektrum von „ich erinnere mich
nicht mehr daran“ bis „das ist richtig, fällt mir ein“ über „mehr kann
ich Ihnen dazu nicht erzählen“. Doch engagiert lassen die Anwälte
nicht locker – es geht ja um die „Erinnerungsfähigkeit des Zeugen“.
Klein beginnt mehr zu sagen, was einmal sogar damit endet, dass seine
Anwältin ihm das Mikro wegzieht.
Die Richterin unterbricht wenig später die Sitzung.
Auch danach sind die Widersprüche in die sich Klein verwickelt, ob im
Buch, bei Aussagen vor der Polizei oder im Gerichtssaal Thema. Doch
sobald das alles in die Nähe von Schwierigkeiten für Klein kommt,
unterbricht dessen Anwältin. Oder die Richterin besteht darauf, dass
Klein diese oder jene Frage doch schon beantwortet hätte,
oder nur eine persönliche Meinungsäußerung von sich gegeben hätte.
Auf die Nachfrage, wer denn die Opec Aktion hauptsächlich geleitet
hätte, antwortet Klein, dass es eine Aktion der PFLP war, RZ und
2.Juni hinzugezogen worden wären. Zudem hätte die RZ die Logistik
gemacht, laut Klein.
Danach ging es in die Pause.
11.35 Uhr ging es weiter. Wie zu Beginn, kam die Richterin herein und
forderte Klein auf zu ihr nach vorne zukommen – er solle Lichtbilder
von Frauen identifizieren. In welchem Zusammenhang diese Bilder
stehen, wurde nicht genannt. Zu den bis 41 numerierten Fotos nannte
er zu einem Viertel Namen. Einmal fiel dabei auch „Frau Suder“ –
dieses Foto meinte er, müsse etwa aus den Jahren 1973/74 sein.
Danach befragte Sonjas Anwalt wieder Klein. Doch er kam nicht weit,
weil die Zeitschrift „Revolutionärer Zorn“, auf die er sich bezog,
nicht in den Akten des Gerichtes vorhanden war. Es gab die nächste
Prozessunterbrechung. Ohne Aktenvorlage musste nun die Befragung
auskommen. Klein gab auf Nachfrage an, nichts von den Aktionen (gegen
Fahrpreiserhöhung, gegen ausbeuterische Betriebe…) der RZ aus
Deutschland zu kennen. Auch wollte er die Zeitschrift „Revolutionärer
Zorn“, selbst von 1975, nicht kennen. Er behauptete also, noch während
er inmitten aller Strukturen war, von keinerlei Diskussion etwas
mitbekommen zu haben. Klein meinte er hätte „größere Probleme“ um
„seine Sicherheit“ gehabt. Der Anwalt fragt ihn, ob er nicht eher
Amnestieprobleme gehabt hätte. Daraufhin wird Klein wütend, meinte er
hätte nie was für sich gemacht, was ja auch die Zeit nach 1977 bis zum
8.9.1998 beweisen würde und hätte nie für sich Amnestie haben wollen.
Zwischen Staatsgewalt und „Gruppenzwang“ habe er einen „gangbaren Weg“
gesucht – den er hat ja wohl als Hauptbelastungszeuge in diesem Prozess und auf der Seite der Staatsgewalt gefunden.
(Die Seiten zu Amnestie aus seinem Buch kannte er gar nicht mehr – in
denen eine „Amnestie für die westdeutsche Guerilla“ gefordert wird.)
Klein stellte sich auch noch als Aussageverweigerer dar, der dem Herrn
Benz vom VS nicht den Namen Gabriele Kröcher-Tiedemann gegeben habe,
obwohl dieser ihn doch unbedingt haben wollte. Die Seiten zum „homo
sapiens“ an und für sich in seinem Buch kannte Klein auch nicht mehr,
ebensowenig seine Anschauung dazu und nannte sie einen „philosophischen Ausraster“. Das Menschenbild darin, eines mehr oder weniger Manipulierten bzw. Manipulierenden, wollte Klein weder bestätigen noch dementieren. Die Richterin geht dazwischen, weil sie das als unnötige Befragung sieht.
Sonjas Anwalt fragt weiter, ab wann es Kontakte zum Herrn Benz vom VS
gab. Die Staatsanwältin greift zum ersten Mal an diesem Sitzungstag
ein, beanstandet dann aber die Frage doch nicht. Klein anntwortet, das
„könnte 1985 gewesen sein“.
Die Richterin fragt nach, wieviel denn Herr Klein noch von der
Verteidigung befragt werden solle, um das besser zu planen. Denn Klein
müsse aus „gesundheitlichen Gründen nach Frankreich“ und entlässt ihn
aus dem Gerichtssaal um 12.50 Uhr.
Wann er wieder geladen wird etc., blieb offen. Zudem wollte die
Richterin auch noch den Beschluss verkünden, den Prozess zu
unterbrechen. Doch die sich auftürmenden Verfahrensfragen, nach dem
Klein samt seiner Anwältin einfach flugs den Gerichtssaal verlassen
hatte, müssen nun am nächsten Freitag (15.2.) geklärt werden.
Insgesamt wirkt die stark fragmentierte Prozessführung durch die
Richterin und ihre umstandslosen Anfänge wie die erste Frage und bei
der Fotoerkennung so, dass sie genau weiß, was sie tut. (Auch wenn
sie im Thema mehr als unsicher ist.) Sobald Klein sich um Kopf und
Kragen reden könnte oder auch die Widersprüche durch all die
Beweisanträge der Verteidigung von Sonja und Christian zu
offensichtlich werden, greifen Staatsanwältin, Kleins Rechtsanwältin
oder auch die Richterin ein, um ihren Hauptbelastungszeugen zu führen.