Vernehmung des Zeugen Mathis, Verlesung einiger Lebensdaten Sonjas und unzähliger Namen der einstigen Hausbewohner im Hühnerweg.
Richterin Stock hatte heute auch die ProzessbesucherInnen im Visier: Nur wer den Personalausweis abgab, wurde reingelassen. Die Ausweiskopien sollten nach der Verhandlung für die Richterin Stock bestimmt sein. Was die Richterin Stock damit vorhat, wollte die Wachtmeisterin nicht sagen.
Der Zeuge Mathis arbeitete einst beim LKA in Bayern und war nach dem Anschlag auf MAN in Nürnberg im Sommer 1977 als Ermittler tätig. Der im Ruhestand lebende Mathis konnte sich weder an die Ereignisse noch an Inhalte seiner damals selbst verfassten Berichte erinnern. Deswegen forderte er Unterlagen bei seiner früheren Dienststelle an. Ohne diese Unterlagen hätte der Zeuge heute keine Erinnerung mehr.
Der Zeuge wurde mit Aussagen in seinen Berichten konfrontiert. In einigen Fällen ist der Bericht widersprüchlich. Der Sachschaden wird im Bericht mit 100.000 Mark benannt. Tatsächlich lag der Schaden bei lediglich 34.000 Mark.
Ein Bericht vom 16. Juli 1978 ist als Schlussbericht gekennzeichnet,
obwohl später nochmals ein Zwischenbericht verfasst wurde. Ebenso nebulös ist sein Sprachgebrauch. Worin seine Unterscheidung in Selbstbezichtigung und Bekennerschreiben gründete, konnte der Zeuge nicht benennen und meinte, man habe sich irgendwann geeinigt, Selbstbezichtigung wäre der treffendere Begriff für Bekennerschreiben.
Kurz nach dem Anschlag hatte der Zeuge das Pförtnerehepaar der MAN Nürnberg vernommen. Hierzu befragte die Verteidigung den Zeugen über Vernehmungsdetails. Dabei stellte sich heraus, dass der Zeuge versäumt hatte, seiner Zeugenvernehmung eine Rechtsbelehrung voraus zu schicken. Diesen Sachverhalt nimmt die Verteidigung zum Anlass, der Verwertung der Zeugenaussage zu widersprechen. Sein Wissen über RZ und RAF bezog der Zeuge damals allein über Informationen des BKA. Bis zum Unfall Hermann Feilings waren für die Revolutionären Zellen keine Personen bekannt. Die Aussagen des Zeugen lassen sich nicht immer von den Erkenntnissen aus den Verhören Feilings trennen. Zur Erinnerung: Am 23. Juni 1978 explodierte ein Sprengsatz auf Feilings Schoß.
Wegen unbekannter Quellen widersprach die Verteidigung dem Gericht, die verlesenen Lebensdaten Sonjas zu verwerten. Weswegen die unzähligen Namen der einstigen Hausbewohner im Hühnerweg verlesen wurden, ist das Gericht dem Zuhörer schuldig geblieben.
Für den 18. Januar hat das Gericht den Zeugen Klein geladen. Zuvor
will die Richterin Stock noch weitere ZeugInnen des LKA bzw. BKA befragen, obwohl mancher schon erkennen ließ, dass er keine Erinnerung zur Sache mehr habe.