Dieser Tag war wiedermal ein ganz besonderer Prozesstag, da die Öffentlichkeit sich mehr in Pausen als im Gerichtssaal befand. Um kurz nach 9 Uhr saßen alle Verfahrensbeteiligten auf ihren Stühlen, nur das hohe Gericht war noch nicht anwesend. Kurze Zeit später erschien es und die Vorstellung begann.
Rechtsanwalt Fresenius kündigte die Prüfung eines Befangenheitsantrages an, der zurückgestellt wurde, denn die Beisitzende Richterin Möhrle wollte erst mal den Beschluss auf Ablehnung des letzten Befangenheitsantrages vom letzten Verhandlungstag verlesen. Eine einmalige Unmutsäußerung der Vorsitzenden wurde als verständlich angesehen und ihre Äußerung …“ je mehr gehen, desto besser…“ hätte sich zudem ausschließlich auf die Störer_innen bezogen.
Da die Verteidigung zu dem Beschluss nicht ausreichend vorher gehört worden war, sollte dies nachgeholt werden. Auch hier wollte die Vorsitzende das rechtliche Gehör zurückstellen, um ihr Interesse an der weiteren Aktenverlesung durchzusetzen. Die Verteidigung insistierte auf ihrem Recht, dabei wurde die Inkompetenz der Vorsitzenden deutlich, die nicht mehr wusste, was sie jetzt formal zu tun hatte – Konfusion und Überforderung zeigten sich. Weder die Beisitzenden Richter_in noch die Staatsanwaltschaft traten ihr helfend zu Seite. Letztlich wurde nicht Verlesen, sondern erst mal das rechtliche Gehör nachgeholt – eine Farce, denn es änderte sich natürlich nichts.
Rechtsanwalt Fresenius hatte in der Zwischenzeit geklärt, dass Christian Gauger einen Befangenheitsantrag stellen wollte, wurde aber an der Verlesung gehindert, weil Frau Stock darauf brannte, die unerträgliche Verhörsituation von H.Feiling aus dem Jahre 1978 weiter zu verlesen. Eine Gruppe von Zuschauer_innen verlies daraufhin mit dem Satz „Folterkomplizen“ den Saal. Nach ca. 5 Min Verlesung wurde der Verteidigung das Wort übertragen, den zurückgestellten neuen Befangenheitsantrag zu begründen.
Da ging es nun um eine sehr brisante Angelegenheit. Obwohl die Vorsitzende Stock einen Tag krank war, hatten die Beisitzende Richter nichts besseres zu tun, als ohne ihren „Kopf“ einen Beschluss zu fassen, dass Hermann F. durch einen Dr. Haag begutachtet werden sollte, um zu klären, ob mit einer Videovernehmung die Angst von Hermann F. vor den Angeklagten ausgeräumt werden könnte. Nur – niemals ist bisher davon berichtet worden, dass Hermann F. Angst vor den Angeklagten hat. Nirgendwo in der Akte, so der Verteidiger, gäbe es aber auch nur den kleinsten Hinweis für eine solche Behauptung. Wie kommen die Richter dazu, so eine feindliche Haltung zu konstruieren??
Der Antrag wird am nächsten Verhandlungstag noch weiter begründet. An dem auch die Zeugin S. nochmals vorgeladen wird. Traut sich die Kammer, dann Beugehaft zu verhängen, wenn S. weiter schweigt??
In der Frankfurter Rundschau erschien nach dem Prozesstag am 07.11.2012 dieser Artikel: