Der entscheidende Punkt des 5. Verhandlungstages war die Ablehnung der Zeugin S., sich zu den Anklagevorwürfen vernehmen zu lassen. S., die als damalige Lebensgefährtin des schwerverletzten H. F. den Alptraum seiner totalen Auslieferung an die Polizei miterlebt hat, zeigt sich entschlossen, sich nicht an einem Prozess zu beteiligen, der sich wesentlich auf die unter diesen extralegalen Umständen aus H. F. herausgequetschten Aussagen stützt. Im Gegenteil. Die von den Anwälten von Sonja Suder und Christian Gauger geforderte ausstehende Prüfung, ob diese sog. Aussagen überhaupt gerichtlich verwendet werden dürfen, eröffnet für Frau S. die Möglichkeit, eine Wiederaufnahme ihres damaligen RZ-Verfahrens zu bewirken – jedenfalls dann, wenn sich auch für das Gericht herausstellt, dass die Vernehmungen unter folterähnlichen Bedingungen stattgefunden haben und damit keinerlei rechtliche Grundlage für eine Verurteilung von wem auch immer bieten und geboten haben. Dies teilte der Anwalt der Zeugin, RA Borowsky, dem Gericht mit und beantragte gleichzeitig seine Bestellung als Zeugenbeistand.
Die Verhandlung wurde unterbrochen, um diesen Antrag zu entscheiden, vorab gab der Staatsanwalt in einer ersten Stellungnahme zum besten, es sei nicht Sache der Zeugin S., sich Gedanken um den Gesundheitszustand von H. F. zu machen. Sie habe auszusagen.
Nach der Unterbrechung teilte die Staatsanwältin mit, dass nach ihrer Auffassung kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 55 der StPO besteht. Gegen eine Bestellung des Anwalts als Zeugenbeistand gäbe es nichts einzuwenden.
Der StA beantragt in einer weiteren Stellungnahme die Verhängung eines Ordnungsgeldes von 800 € und gleichzeitig die Verhängung von Beugehaft, wegen der erkennbaren Entschlossenheit der Zeugin, die durch das Ordnungsgeld allein nicht zu beeindrucken sei.
Für die Verteidigung nahm RAin Verleih Stellung. Sie kritisierte den kaltschnäuzigen Zynismus des Staatsanwaltes, – niemand habe mehr Recht und Anlass, sich über die Verfassung von H. F. Gedanken zu machen als eben die Zeugin S.
Nach erneuter Unterbrechung gab das Gericht seine Entscheidung bekannt: die Zeugin S. sei zur Aussage verpflichtet. Die Verwendung der Aussagen von H.F. seien ggf. nur als Verfahrensfehler (!) zu werten, aber kein Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Wegen der Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Gericht wird ein Ordnungsgeld von 400 Euro gegen die Zeugin verhängt. Ihr wird Beugehaft angedroht, wenn sie bei dieser Weigerung bleibt.
Nach der vorgezogenen Mittagspausen-Unterbrechung fragt eine zunehmend gereizt wirkende Vorsitzende Richterin Stock die Zeugin erneut, ob sie ihre Haltung überdacht habe, sie hätte ja nun einstündig Gelegenheit dazu gehabt. Aber Zeugin S. bleibt bei ihrer Haltung.
Mit dem Bescheid, sie werde für den nächsten Freitag erneut geladen,da habe sie ja noch einmal eine Woche Zeit, ihre Entscheidung zu überdenken, wird die Zeugin S. entlassen.
Danach beginnt die Richterin, Auszüge aus einer Vernehmung des BGH-Ermittlungsrichters Kuhn zu verlesen, die während des RZ-Prozesses 1980 stattgefunden hat. (s.Prozessbericht vom 5. Verhandlungstag)
Hier ein Link zu einer Stellungnahme von Fritz Güde (Sohn des verstorbenen ehem. Generalbundesanwalts Max Güde) zum Prozess und gegen die Verwendung der sog. Aussagen von H.F.
http://www.trueten.de/archives/8009-Feiling-Schaendliche-Beanspruchung-einer-erpressten-Aussage-im-RZ-Prozess..html#c8009
Und noch ein Link zu einem Dokument von 1978 zur Situation von HF – mit wichtiger Info, weist z.B. darauf hin, dass es eine Nachrichtensperre gab über alles, was die Isolation und Vernehmung von H. F. betraf
http://labourhistory.net/raf/documents/0019781100.pdf