Ehemalige Terroristen vor Auslieferung
Rentner angeblich Mitglied der Revolutionären Zellen
Andreas Förster
BERLIN. Frankreich will zwei mutmaßliche deutsche Terroristen an Deutschland ausliefern. Die seit Jahrzehnten in Frankreich lebenden Sonja Suder, 76, und Christian Gauger, 68, sollen in den 70er Jahren als Angehörige der linksterroristischen „Revolutionäre Zellen“ (RZ) an Anschlägen in Deutschland beteiligt gewesen sein. Den beiden Rentnern wurde dieser Tage das von Frankreichs Premier Francois Fillon gebilligte Auslieferungsbegehren zugestellt. Sie müssen nun mit ihrer Überstellung nach Deutschland rechnen.
Allerdings können ihre Anwälte dagegen noch Rechtsmittel einlegen. Ob diese aber aufschiebende Wirkung haben, steht nicht fest.
Bereits im Februar hatte das Pariser Appellationsgericht einen Gerichtsbeschluss von 2001 aufgehoben. Damals war eine auf einem internationalen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegründete Auslieferung des betagten Pärchens für nicht rechtens erklärt wurde, da die ihnen vorgeworfenen Taten nach französischem Recht verjährt waren.
Nur Sachschäden verursacht
Tatsächlich ereigneten sich die Anschläge, an denen die beiden beteiligt gewesen sein sollen, vor mehr als 30 Jahren. So detonierte am 22. August 1977 ein Sprengsatz bei der Firma MAN in Nürnberg. Der Sprengsatz riss nur ein Loch in die Außenmauer eines Firmengebäudes. Die RZ begründeten die Aktion in einem Bekennerschreiben mit der Mitwirkung von MAN am Atomwaffenprogramm Südafrikas. Die Firma habe Verdichteranlagen für eine Urananreicherungsanlage in den Apartheid-Staat geliefert.
Nur eine Woche später sollte eine Bombe in einer Pumpenfirma in Frankenthal hochgehen, der die RZ Lieferungen für Kernkraftwerke vorhielt. Hier versagte aber der Zünder. Im Mai 1978 richtete ein Brandanschlag im Königssaal des Heidelberger Schlosses einen Sachschaden von 80 000 D-Mark an. Mit der Aktion wollte die RZ gegen die Abrisspolitik der Stadt protestieren. Auch hier gab es keine Verletzten.
Stichhaltige Beweise für die Mitwirkung von Suder und Gauger an den Anschlägen liegen nicht vor. So sehen es jedenfalls die Kölner Anwälte der beiden RZ-Rentner, Detlef Hartmann und Wolfgang Heiermann. Denn die von der Frankfurter Staatsanwaltschaft erwirkten internationalen Haftbefehle gründen sich vor allem auf die Vernehmungen des früheren RZ-Aktivisten Hermann F., der im Juni 1978 bei der Explosion einer selbstgebastelten Bombe schwer verletzt worden war.
Noch auf der Intensivstation der Uniklinik Heidelberg, wo ihm die Beine amputiert und die Augen entfernt werden mussten, hatte die Staatsanwaltschaft mit der Vernehmung von F. begonnen. Sie wurde später in einer Polizeikaserne fortgesetzt, wo F. bis Oktober 1978 in Isolationshaft festgehalten wurde.
Zweifel an Zeugenaussagen
Die Anwälte von Suder und Gauge hatten in einer Beschwerde gegen die Auslieferungsentscheidung des Pariser Appellationsgerichts Zweifel am Beweiswert von F.s Aussagen angemeldet. Der RZ-Aktivist sei 1978 durch die Schmerzen und Hirnschäden infolge der Explosion in seiner Erinnerungs- und Einsichtsfähigkeit stark beeinträchtigt gewesen, argumentierten sie.
Auch eine zweite Zeugenaussage, die Sonja Suder belastet, zweifeln die Anwälte an. Dabei geht es um Hans-Joachim Klein, der im 2001 wegen seiner Beteiligung am Anschlag auf eine Minister-Konferenz der Organisation Ölexportierender Staaten (Opec) am 21. Dezember 1975 in Wien zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Klein hatte ausgesagt, Suder sei bei seiner Anwerbung durch die Terrorgruppe um Ilich Ramirez Sanchez, genannt Carlos, dabei gewesen und habe Waffen und Sprengstoff für den Anschlag nach Wien transportiert. Das Landgericht Frankfurt stellte in seiner Urteilsbegründung gegen Klein jedoch fest, dass seine Angaben unglaubhaft seien.